Gibt es bald mehr staatliche Online-Casinos in Deutschland? Bayern hat mit seinem Online-Casino bereits einen mutigen Schritt gewagt, und Baden-Württemberg plant offenbar, diesem Beispiel zu folgen.
Diese Entwicklungen werfen grundlegende Fragen zur Vereinbarkeit mit dem deutschen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021), zu möglichen EU-rechtlichen Konflikten und zur Wirksamkeit von Spielerschutzmaßnahmen auf.
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Mit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags am 1. Juli 2021 öffnete Deutschland seinen Online-Glücksspielmarkt für ausländische Lizenznehmer und führte strikte Auflagen ein, insbesondere mit Blick auf Spielerschutz und Beschränkungen des Angebots.
Dazu zählen u. a. ein Einzahlungslimit von 1.000 € pro Monat über alle Anbieter hinweg, ein zentrales Spielersperrsystem (OASIS), Panik-Button und strenge Vorgaben zur Werbung und zum Live-Spiel-Angebot.
Ziel war es, den Schwarzmarkt einzudämmen und gleichzeitig den Spielerschutz zu stärken. Allerdings zeigen Berichte, dass bestimmte Vorgaben wie das Einzahlungslimit in der Praxis teilweise verwässert wurden (z. B. durch gerichtliche Vergleiche im Wettbereich).
Bayern startete über Lotto Bayern ein eigenes Online-Casino, zugänglich nur für in Bayern Wohnhafte, und machte damit von einer Ausnahmeregel Gebrauch: Ein Bundesland darf ein staatliches Online-Casino betreiben, wenn es keine privaten Lizenzen vergibt.
Das Land hat jedoch faktisch verhindert, privat weitere Lizenzen im Online-Casino-Segment zu etablieren und so den Markt für sich monopolisert. Kritiker sehen hierin eine Umgehung oder gar ein Unterlaufen des GlüStV, da einerseits die Zulassung privater Anbieter formell möglich erschien, andererseits aber durch das staatliche Angebot de facto ausgeschlossen wurde.
Baden-Württemberg plant Ähnliches: Nur ein staatlicher Anbieter – die jeweilige Landeslotterie – soll das Online-Angebot bereitstellen. Diese Vorgehensweise verstärkt die Monopolstruktur und stellt die Kernziele des GlüStV in Frage, insbesondere fairen Wettbewerb und die Eindämmung des Schwarzmarkts über vielfältige, regulierte legale Angebote.
Zudem könnten EU-rechtliche Bedenken entstehen, da Monopole inländischer Unternehmen strengeren Prüfungen unterliegen, wenn sie ausländische Anbieter faktisch ausschließen könnten.
In Österreich besteht derzeit faktisch ein Monopol: Win2day (Casinos Austria) ist der einzige legal lizenzierte Anbieter für Online-Glücksspiel, und terrestrische Konzessionen laufen teilweise bis 2027 bzw. 2030.
Die österreichische Regierung plant nach Medienberichten, das Online-Angebot deutlich zu beschränken oder Netz- und Payment-Sperren einzuführen, um Schwarzmarktangebote zu blockieren.
Maßnahmen, die jedoch technisch oft leicht umgehbar sind. Gleichzeitig fordern Verbände wie EGBA und OVWG eine Liberalisierung in Lizenzmodellen nach EU-Standards, um Spielerschutz zu verbessern, Einnahmen zu steigern und Schwarzmarkt zu bekämpfen.
Während Deutschland mit GlüStV 2021 zwar Lizenzen vergibt, aber durch Beschränkungen (z. B. Playtime, Einsatzlimits, kein Live-Casino) das Angebot stark limitiert, setzt Österreich bisher auf ein Monopolmodell, das geringere Auswahl für Spieler bei möglicherweise unzureichendem Schutz vor illegalen Anbietern bietet.
Beide Länder stehen vor der Frage, ob eine kontrollierte Mehrfachlizenzierung bessere Kontrolle und Einnahmen ermöglicht oder ob Monopole im Sinne des Spielerschutzes vorzuziehen sind.
Für Spieler wäre ein Umfeld am besten, das folgende Kriterien erfüllt:
Spielen gehört zum menschlichen Verhalten und ist tief in der Evolution verwurzelt: Neugier, Risiko, Belohnungsoptimierung und soziale Interaktionen sind Elemente, die Menschen seit jeher zum Spieltrieb treiben.
Ein Verbot allein unterbindet diesen Urtrieb nicht, sondern verlagert oft in den Schwarzmarkt, in den weniger kontrollierten Bereich.
Deshalb sollte Regulierung nicht auf Verbote setzen, sondern auf eine Gestaltung von Rahmenbedingungen, die Spielern sichere und faire Angebote machen, ohne ihnen den Spieltrieb nehmen zu wollen – denn dieser lässt sich nicht ausrotten.
Um Spielern gute Angebote zu machen und sie dennoch vor exzessivem Spiel zu schützen, können folgende Maßnahmen kombiniert werden:
Die Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags 2026 und die Neufassung 2028 werden entscheidend sein. Folgende Diskussionspunkte werden im Mittelpunkt stehen:
Der Schritt Bayerns und möglicherweise Baden-Württembergs wirft zentrale Fragen zur Umsetzung und Auslegung des Glücksspielstaatsvertrags und zur EU-Rechtskonformität auf.
Im Vergleich dazu steht Österreich mit seinem Monopol vor ähnlichen Herausforderungen, während Fachverbände eine Öffnung des Marktes fordern. Für Spieler wäre ein Rahmen mit mehreren gut regulierten Anbietern, striktem Spielerschutz und transparenter Information vermutlich am besten.
Spielen lässt sich nicht verbieten. Stattdessen muss Regulierung darauf abzielen, sichere und faire Spielbedingungen zu schaffen und problematisches Spiel frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
Die bevorstehende Evaluierung und Neuverhandlung des Glücksspielstaatsvertrags wird entscheidend. In welche Richtung entwickelt sich der deutsche Markt und inwieweit werden die Lehren aus Bayern, Baden-Württemberg und Österreich in ein zukunftsfähiges Konzept einfließen?
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